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24. Februar 2013 Brasilien, Foz do Iguazú – Urgewalten am Dreiländereck Ein Dreiländereck ist der geografische Punkt, an dem drei gleichrangige Grenzen und auch drei gleich geartete Territorien aufeinander treffen. Meist ist diese Stelle durch die jeweiligen Staatsflaggen oder Monumente markiert. Von den zurzeit 196 Staaten auf der Erde haben 135 einen solchen Grenzpunkt. Insgesamt existieren 159 Dreiländerecke auf der Erde. Wenn man in Puerto Iguazú gesehen hat, wie der Rio Iguazú träge in den Rio Paraná mündet, kann man sich nicht vorstellen, welche Urgewalten knapp 20 km flussaufwärts toben. Wenn das Wort „Naturwunder“ wirklich irgendwo gilt, dann dort, wo der bis dahin 1.300 km lange Fluss, gespeist von unzähligen Nebenflüssen, plötzlich in mehreren hundert einzelnen Fällen bis zu 70 m tief hinabstürzt. Es tobt, gischtet und brodelt. Sprudelnd, brausend und rauschend stürzt der Fluss hinab. Feine Nebel liegen über den Wassermassen und verwandeln sich im Sonnenlicht in Regenbogen. „Iguazú - grosse Wasser“ heisst es durchaus passend in der Guaraní-Sprache, die in Teilen von Paraguay, Argentinien, Brasilien und Bolivien gesprochen wird. Unter der Bevölkerung gibt es eine Sage über die Entstehung des Foz do Iguazú: „Der Guaraní-Krieger Caroba floh mit seiner Geliebten Naipur vor dem Schlangengott M’Boi, der ebenfalls Naipur liebte, in einem Kanu auf dem Iguazú. Aufgebracht schlug der Schlangengott mit seinem starken Schwanz in das Flussbett, so dass sich die Erde auftat. Eine Schlucht entstand daraufhin und das Wasser stürzte hinab und riss das Kanu der beiden Liebenden mit sich. Naipur wurde in einen Stein am Fusse der Wasserfälle verwandelt, Caroba in einen Baum.“ In einer Gesamtbreite von 2.700 m stürzen die Wassermassen des Iguazú-Flusses in 275 Einzelfällen hinab; durchschnittlich 1.700 Kubikmeter in der Minute, in Spitzenzeiten bis zu 7.000 Kubikmeter. Dabei fallen sie zwischen 57 und 72 m, allerdings in zwei Stufen. Der Grund liegt darin, dass der Iguazú in Südbrasilien über ein hoch gelegenes Basaltplateau fliesst, das dort plötzlich abbricht. Der Rio Iguazú bildet die Grenze zwischen Argentinien und Brasilien. Die Fälle liegen somit in beiden Ländern. Die Argentinier weisen aber gerne darauf hin, dass sie den Löwenanteil der Fälle besitzen. Wir besuchen beide Seiten. Auf der brasilianischen Seite bietet sich das grosse Postkartenpanorama, das uns sehr beeindruckt. Im argentinischen Nationalpark können wir näher an die Fälle herangehen – Wasserfall zum Anfassen sozusagen. Mit einem kleinen Zug fahren wir auf einer 7 km langen Strecke durch den Urwald an einen Flussarm. Der Name „Garganta del Diablo – Teufelsschlund“ ist passend gewählt. Plötzlich stürzt das eben noch ruhig dahinströmende, nicht sehr tiefe Wasser, in einen tobenden Kessel, der an drei Seiten geschlossen ist. Das Wasser scheint alles mitreissen zu wollen, was sich in den Weg stellt. Der Wind treibt die Gischt hoch, Sturmschwalben jagen vorbei und in Windeseile sind wir durchnässt. Egal obbrasilianische oder argentinische Seite, wir sind tief beeindruckt von diesem Naturwunder und den Wassergewalten. Hierfür haben wir sogar einen riesigen Umweg eingelegt, denn von Buenos Aires nach Foz do Iguazú sind es 1.500 km, die wir nun auch wieder zurück müssen. In einer Woche beginnt mein Praktikum in Cordoba und somit reisen wir über Asunción in Paraguay in den argentinischen Nordwesten. Doch die Extrakilometer haben sich allemal gelohnt. Für mich ist Brasilien ein riesiger Favorit auf dieser Reise geworden. Das Essen, die Leute, es stimmt einfach alles. Zum Frühstück finden wir regelmässig eine unglaubliche Auswahl an frischen Früchten. Von Melonen über Guaven, Papaya und Minibananen, es ist wie im Paradies. Die Menschen strahlen eine Lebensfreude aus, die unübertrefflich ist. Ich glaube, ich ziehe nach Brasilien! Ingo meint auf meinen Vorschlag hin, es sei kein Problem, ich müsste nur genug Geld verdienen, damit wir uns eine Wohnung leisten können, der Kühlschrank immer gut gefüllt ist und er genug Sprit im Tank hat. Da muss ich mein Vorhaben wohl nochmal überschlafen…. Doch einen Punkt gab es hier im Land, der mich fast zur Verzweiflung gebracht hat: Die Geschwindigkeit auf den Strassen. Bei einem Tempo von 80-100 km/h auf kurvenreichen Landstrassen sind wir in regelmässigen Abständen von Lkws überholt worden, die in einem solchen Affenzahn an uns vorbeigerauscht sind, dass ich das Gefühl hatte, ich würde Schrittgeschwindigkeit fahren. Da hat sich bei mir unweigerlich das eine oder andere Nackenhaar aufgestellt.
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Wetter: 32 Grad, Sonne und Wolken
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