29. Oktober 2013 USA, Death Valley – Harleyfahrer

Die Harleyfahrer - das sind wirklich die Harten. Die Desperados, Rocker und Philosophen. Harley fahren ist Kult und zu einem gewissen Teil auch Konsequenz. Doch das Bild hat sich verändert. Heute findet man gealterte Zahnärzte, Lehrer und Ingenieure unter ihnen.

Wer auf der Suche nach der „Mitte vom Nirgendwo“ ist, liegt mit der Wildnis des Death Valley Nationalparks sicher nicht falsch. Schon der Name allein beschwört Höllenbilder einer gnadenlosen, kahlen und lebensfeindlichen Einöde herauf. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich das Death Valley jedoch als eine Landschaft voller vom Wasser geformten Canyons, singender Sanddünen, Oasen mit Schatten spendenden Palmen und  erodierten Bergen. Der Park ist eine Region der Superlative: Hier gibt es landesweit die höchsten Temperaturen mit bis zu 57 Grad Celsius. Hier liegt aber auch Badwater, der tiefste Punkt der USA mit 86 Meter unter dem Meeresspiegel. Und ausserdem ist dies der grösste US-amerikanische Nationalpark ausserhalb Alaskas (über 12.949 qm).

Und diesen grandiosen Nationalpark durchqueren wir mit der grössten Motorradgruppe, in der wir jemals gefahren sind. Unsere Bremer Freunde Stephan und Frauke nehmen an einer organisierten Harleytour durch die Nationalparks Kaliforniens und Nevadas teil. Wir treffen auf die 34 Teilnehmer und 27 nagelneue Harley-Davidson -Motorrädern in Bakersfield, unserem Einstiegspunkt ins Death Valley. Es ist ein Geknatter und Geröhre um uns herum. Die gewaltigen Hubräume machen mit einem einzigartigen Sound auf die blank geputzten Maschinen aufmerksam. Chromteile glänzen in der Morgensonne und geben den Harleys ein voluminöses Aussehen. Die Motorräder werden gehegt und gepflegt und gelten als echte Familienmitglieder. Und es scheint eine echte, unmaskierte Liebe dahinter zu stecken. Hierfür lässt sich der eine oder andere sogar die Haare länger wachsen, einen Vollbart stehen und ein Oberarm-Tattoo anfertigen.

Alles, was nicht Harley fährt, zählt doch eigentlich zu den Weicheiern, oder?  Dulden sie nicht nur Gleichgesinnte in ihrem Dunstkreis? Um ehrlich zu sein, wirkt unsere bepackte BMW unter den Harleys wie Heidi Klum in Springerstiefeln. Ein komisches Bild ist es schon. Doch wir sind im Vorteil. Zumindest was Tankgrösse und Federung angeht. 

Die zahlreichen Tankstopps gleichen regelmässig einer Harley-Invasion und am Abend des ersten Tages klagt Stephan bereits über untere Rückenschmerzen. Ich biete ihm wohlwollend eine Akupunkturbehandlung an, doch seine Antwort lässt keinen Zweifel offen: „So schlimm sind die Schmerzen dann doch nicht!“ meint er kopfschüttelnd zu meinem Therapievorschlag. Ich hätte schwören könne, dass für einen kurzen Augenblick ein dezenter Angstschweissgeruch an meiner Nase vorbei gezogen ist. Aber vielleicht waren es auch nur die Abgase seiner dicken Harley…

Nach der Beendigung der Tankzeremonie und Befriedigung diverser Tabaksüchte fällt auf der Weiterfahrt unser Blick hinunter auf die spektakuläre Weite des Death Valley, die Falten und Wellen der goldenen Einöde. Erodierte Hügel erstrahlen in einem reichen Farbenmeer und jeder von ihnen erscheint als individuelles Einzelstück. Genau wie jedes einzelne Bike eines Harleyfahrers, bei dem versucht wird, aus einem Chromhaufen so etwas wie eine persönliche Visitenkarte zu machen. Und dabei ist Harleyfahren keine Frage des Wohlstandes oder einer Wertanalyse. Hier geht es um das ganz persönliche Ehrgefühl, um die eigene Berufung. Man könnte es auch göttliche Eingabe nennen.

Death Valley National Park, Badwater Basin

Death Valley National Park, Badwater Basin

Death Valley National Park, Zabriskie Point

Death Valley National Park, Supermarkt in Stovepipe Wells

 

Wetter:

26 Grad, Sonne

 

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