Wetter
Sonne und Wolken
Temperaturen:
Tag:
15 Grad
Nacht:
9 Grad
Plan B: Angeschleppt
Mittlerweile
klingen
die
Namen
der
Nationalparks
in
unseren
Ohren
nur
noch
nach
Einheitsbrei.
Bei
der
Aussprache
entscheiden wir uns zwar stets für einen Mittelweg, doch perfekt ist er trotzdem nie.
Sonfjället und Söderåsen
Dalby und Djurö
Padjelanta und Pieljekaise
Tiveden und Tyresta
Jedes
Mal,
wenn
ein
Schwede
einen
der
Parks
erwähnt,
tönt
es,
als
spräche
er
von
etwas
völlig
anderem.
Zum
Beispiel
von Regalsystemen bei Ikea. Oder Badezimmerleuchten. Oder Fleischbällchen mit Kartoffelbrei.
Obwohl
viele
der
Nationalparks
sich
nicht
nur
bei
der
Namensgebung
ähneln,
finden
wir
im
Norden
richtige
Perlen.
Überhaupt
ist
Lappland
im
nördlichen
Teil
von
Schweden
unser
Favorit.
Hier
sind
sogar
die
Mücken
in
übersichtlicher
Anzahl
vorhanden.
So
herrscht
zwischen
uns
und
den
Blutsaugern
eine
reelle
Chance.
Eins
gegen
Eins
sozusagen
–
ein
fairer Zweitkampf.
In
Lapplands
Weltkulturerbe
Laponia
besuchen
wir
den
Stora
Sjöfallet
Nationalpark,
ein
weites
Land,
eingebettet
zwischen
zwei
Gewässern.
Der
Park
wurde
nicht
nur
geschaffen,
um
die
Natur
zu
bewahren,
sondern
auch
die
lebendige
Kultur
der
Sámi
mit
ihren
vielen
tausendjährigen
Wurzeln
in
dieser
Landschaft.
Was
früher
ein
Labyrinth
aus
Landzungen,
Inseln,
Wasserfällen und kleinen Seen war, ist heute ein regulierter Stausee – das Herz des Gebiets.
Die
Strasse
durch
den
Nationalpark
folgt
den
scharfen
Kanten
der
Felsen.
Schlagartig
steigt
das
Land
an,
das
Hochgebirge
übernimmt.
Im
Süden
thront
Áhkká
mit
ihren
harten
Gipfeln
und
Gletschern.
Der
Name
weist
darauf
hin,
dass
man
auf
einen
heiligen
Ort
zukommt
(Sámi
Göttinnen
tragen
die
gleichen
Namen).
Auf
der
Nordseite
des
Tals
steht
ihr
sanfter
Schwesternberg
Gállaktjåhkkå.
Beide
wachen
über
ein
Gebiet
voller
Kontraste.
Belaubt
und
karg,
hochalpin
und
schützend.
Der
Wald
des
Nationalparks
ist
so
alt,
dass
man
es
körperlich
spürt,
wenn
man
durch
ihn
wandert.
Überall
silbrige,
trockene,
greise
Bäume
–
sie
stehen
noch
immer,
trotz
der
vielen
Stürme.
Und
allzu
gern
möchte
man
sich
an
ihnen
anlehnen.
Ihre
knorrige
Rinde
streicheln.
Sie
zärtlich
umarmen,
um
ganz
in
sie
hineinzuhorchen,
was
sie
uns
zu
sagen
haben. Im Gesang des rauen, harten Windes.
Der
Norden
Schwedens
wird
von
einer
Hitzewelle
heimgesucht
–
31
Grad,
selbst
im
Hochsommer
eine
Seltenheit.
Wir
sind
gerade
drauf
und
dran,
unsere
Wanderung
in
den
noch
kühlen,
klaren
Morgen
zu
starten,
als
es
an
unsere
Sprintertür
klopft.
Ein
Typ
mit
Berliner
Dialekt
fragt
uns,
ob
wir
ihm
Starthilfe
geben
könnten.
Seine
Frage
klingt
sachlich
und
unaufgeregt.
So,
als
wäre
es
das
normalste
von
der
Welt,
morgens
um
8.30
Uhr
einem
alten
Ford
Transit
Starthilfe
zu
geben.
Es
hätte
auch
die
Frage
nach
Zucker
für
seinen
Kaffee
sein
können.
Ganz
selbstverständlich
gestellt.
Er
und
seine
Partnerin
stehen
seit
3
Tagen
auf
dem
Wanderparkplatz
und
offensichtlich
war
es
der
Wasserkocher
des
gestrigen
Abends, der der Batterie den letzten Rest gegeben hat, beziehungsweise genommen hat.
Die
Freundin
steht
in
der
Fahrertür
des
Transits,
die
Bedienungsanleitung
in
der
einen
Hand,
die
Zündschlüssel
in
der
anderen.
Wenn
ich
sie
beschreiben
müsste,
es
wäre
ganz
leicht,
denn
auf
sie
passt
einfach
jede
Beschreibung
von
schön.
Schön
weiblich.
Schön
natürlich.
Schön
von
innen
heraus.
Während
Ingo
die
Überbrückungskabel
aus
seiner
Werkzeugzauberkiste
im
hinteren
Teil
des
Sprinters
holt,
zitiert
die
Berliner
Schönheit
Schritt
für
Schritt
die
Bedienungsanleitung:
«Verbinden
Sie
zunächst
das
rote
Kabel
mit
dem
Pluspol
des
Spenderautos.
Danach
klemmen
Sie
das
andere
Ende
an
den
Pluspol
der
Batterie
des
Pannenautos.
Das
schwarze
Kabel
verbinden
Sie
anschließend
mit
dem
Minuspunkt des Spenderautos und dem Masseanschluss des Pannenautos.»
Der
Versuch,
den
Berliner
Transit
zu
starten,
bleibt
leider
erfolglos.
Ingos
kommt
mit
Plan
B:
«Dann
bleibt
nur
Anschleppen.»
Es
scheint
ihr
Auto
zu
sein,
denn
die
Fragen,
die
wir
an
den
Typen
stellen,
gibt
er
sogleich
an
die
Schöne
weiter:
«Hat
der
Wagen
eine
Abschleppöse?»
«Wie
sieht
es
mit
einem
Abschleppseil
aus?»
Sie
haben
keines
und
wieder
findet
die
Sprinter-Wunder-Kiste
ihren
Einsatz.
Diesmal
ist
es
das
Bergeseil,
das
Ingo
von
hinten
hervorholt.
Er
fasst
es
doppelt,
da
es
mit
neun
Metern
viel
zu
lang
ist.
Mit
einer
einfachen
Bruchlast
von
11
Tonnen
sollte
allerdings
gewichtstechnisch nichts schief gehen.
Die
beiden
Berliner
steigen
in
ihren
Transit,
wir
in
den
Sprinter
und
los
geht
es
auf
der
einzigen
geteerten
Strasse
des
Nationalparks.
Nach
ungefähr
50
Metern
gibt
es
einen
gewaltigen
Ruck
und
beide
Fahrzeuge
kommen
zum
Stehen.
Wir
eilen
zum
Pannenfahrzeug
und
das
Mädel
erklärt,
dass
leider
die
Bremse
ohne
Motorunterstützung
nicht
funktioniert.
«Ich
musste
die
Handbremse
ziehen,
damit
ich
Euch
nicht
hintendrauf
fahre.»
Dabei
sprechen
die
braunen
Augen
Bände.
Sie
fühlt
sich
mit
dem
ganzen
völlig
überfordert.
«Möchtest
Du
es
mal
probieren?»
Bereitwillig
deutet
sie
auf
den
Fahrersitz,
und
schaut
dabei
hoffnungsvoll
auf
Ingo.
Ihre
Hände
verschwinden
immer
wieder
in
den
Ärmeln
ihres
langen
Strickpullovers.
Ich
frage
mich
in
der
Zwischenzeit,
wer
eigentlich
nach
Karl
Lagerfelds
Tod
für
die
Entdeckung
zukünftiger
Models
verantwortlich
ist.
Würde
er
noch
leben,
ich
würde
ihm
einen
Brief
schreiben.
«Lieber
Herr
Lagerfeld»,
würde
ich
schreiben und käme sogleich zur Sache: «ich hätte ein neues Supermodel für Sie gefunden.»
«Claudia,
fahr
Du
mal
unseren
Wagen
an,
ich
probiere
den
Transit
im
zweiten
Gang
kommen
zu
lassen!»
Zurückgeholt
in
den
Moment
des
Hier
und
Jetzt
sprinte
ich
zu
unserem
Wagen,
um
der
testosteronschwangeren
Ansage
Folge
zu
leisten.
30
Sekunden
später
ist
die
Mission
accomplished,
die
Tatsachen
vollendet.
Der
Transitmotor
brummelt
vor
sich
hin
in
kontrollierter,
bemühter
Gleichmässigkeit.
«Fahrt
los
und
haltet
am
besten
die
nächsten
zwei
Stunden
nicht
an.»
Es
ist
der
Tonfall,
mit
welchem
Ingo
die
nächste
Anweisung
kommuniziert,
der
allen
Beteiligten
die
Gewissheit
gibt,
dass
jetzt
alles
gut wird.